Philadelphia 1753

Gerdt Hurrelman war der erste unserer Familie, der in den USA auswanderte. 

Am Montag, den 01. Oktober 1753 dürfen nach einer langen Überfahrt von Hamburg über Cowes in England endlich die 53 Passagiere der "Good Hope" unter Kapitän John Trump in Philadelphia an Land gehen. Sie waren tags zuvor angekommen. 

Unter Ihnen auch Gerdt Hurrelman. Zwei Tage zuvor waren sie noch auf ansteckende Krankheiten untersucht worden. Nur einige waren auf der langen Reise an Skorbut erkrankt, keiner hatte ansteckende Krankheiten. So befand der Gouverneur, dass sie von Bord gehen durften. Im State House in Philadelphia hatten Sie im Beisein des Septimus Robinson (Gutsbesitzer) die gebräuchlichen Gesetze kennen gelernt, für deren Kenntnisnahme sie zu unterschreiben hatten. Folgende Unterschriften liegen vor:

 

Heute ist der 19. August 2002. Ich sitze im Flieger von Madrid nach New York. Wie einfach es doch ist, heute nach Amerika zu reisen und das nur für zehn Tage und das nur um Urlaub zu machen.

Acht Stunden fliegen wir in 10 Kilometern Höhe mit 860 km/h über den Atlantik. Wir sind 13.30 Ortszeit Madrid gestartet und landen gegen 15.30 Ortszeit NY auf dem John F. Kennedy-Flughafen. Unterwegs hat man uns mit zwei Mahlzeiten und mit einem Spielfilm und Nachrichten bei Laune gehalten. Alles in alle war die Reise aber überhaupt nicht beschwerlich.

  

Anders in der Mitte des 18. Jahrhunderts, als Nordamerika noch ein Einwanderungsland war. Philadelphia war Mitte des 18. Jahrhunderts der beliebteste Zielhafen für deutsche Einwanderer. Allein von 1749 - 54 sind mehr als 37.000 Deutsche hier an Land gegangen um ihr Glück zu finden.

Philadelphia 1765 - 1769
Philadelphia 1765 - 1769

 Viele der Ankömmlinge waren entsetzt über die Diskrepanz zwischen Ihrer Erwartung und dem was sie vorfanden. Waren Sie doch mit großartigen Versprechungen in dieses Abenteuer gelockt worden. So berichtet 1728 ein unbekannter Betroffener wütend über diejenigen, die ihn um sein Geld gebracht hatten:

„ Oh, diese Lügner, die in Ihren verlockend formulierten und gedruckten Prospekten uns so leuchtende Angebote machten. Wen ich Flügel hatte würde ich wieder nach Europa zurückfliegen........."

"Die wichtigste Veranlassung aber dieses Büchleins war der erbärmliche und kummervolle Zustand derer, die aus Deutschland nach diesem Neuen Land reisen, und das unverantwortliche und unbarmherzige Verfahren der holländischen Menschen-Händler und ihrer ausgesandten Menschen-Diebe, ich meine die sogenannten Neuländer, denn sie stehlen gleichsam die Leute aus Deutschland unter allerlei schönen Vorspiegelungen, und liefern sie den holländischen großen Seelen-Verkäufern in die Hände.

(...)

Wenn man dieses alles wird gelesen haben, so zweifle ich keineswegs, es werden die Leute, die etwa noch dahinzuziehen willens sein möchten, in ihrem Vaterland verbleiben und diese so lange und schwere Reise und damit verbundenen Fatalitäten sorgfältig verabscheuen, indem ein solcher Zug bei den meisten den Verlust Hab und Guts, Freiheit und Ruhe, ja bei nicht wenigen Leibs und Lebens, und ich darf wohl sagen, Seele und Seligkeit nach sich ziehet.

(...)

Diese Reise währet von Anfang des Maien bis zu Ende des Octobris, also ein ganzes halbes Jahr, unter solchen Beschwerlichkeiten, die niemand im Stande ist, genügsam mit ihrem Elend zu beschreiben.

(...)

Es werden die Menschen teils in Rotterdam, teils in Amsterdam in die großen See-Schiffe sehr nahe, bald so zu sagen wie die Heringe zusammengeladen. Da wird einer Person kaum 2 Fuß breit und 6 Fuß lang Platz in der Bettstatt gelassen, weil ein manches Schiff 4, 5 bis 600 Seelen fährt, ohne der unzählig viel Gerätschaften, Kisten, Proviant, Wasser-Fässer und anderes, welches auch viel Platz einnimmt.

(...)

Während der Seefahrt aber entstehet in den Schiffen ein jammervolles Elend, Gestank, Dampf, Grauen, Erbrechen, mancherlei Seekrankheiten, Fieber, Ruhr, Kopfweh, Hitzen, Verstopfungen des Leibes, Geschwulste, Scharbock (Skorbut), Krebs, Mundfäule und dergleichen, welches alles von alten und sehr scharf gesalzenen Speisen und Fleisch, auch von dem sehr schlimmen und wüsten Wasser herrühret, wodurch viele elendiglich verderben und sterben. (…) Dieser Jammer steigt alsdann aufs höchste, wenn man noch 2 bis 3 Nächte Sturm ausstehen muß, dabei jedermann glaubt, daß das Schiff samt den Menschen werde zugrunde gehen. In solcher Not betet und schreiet das Volk erbärmlich zusammen.

(...)

Wie es den gebährenden Weibern in den Schiffen auf der See mit ihren unschuldigen Kindern ergehet, das kann man sich schwerlich vorstellen. Es kommen von solcher Klasse wenige und selten mit dem Leben davon, und wird eine manche Mutter samt ihrem Kind, wenn solche gestorben, ins Wasser geworfen.

(...) Kinder von 1 bis 7 Jahren überstehen die See-Reise selten, und müssen die Eltern ihre Kinder manchmal durch Mangel, Hunger, Durst und dergleichen Zufälle elendiglich schmachten, sterben und ins Wasser geworfen sehen.

 (...)

Wie elend und betrübt ist es schon so vielen tausend deutschen Familien ergangen, 1) da dieselben durch die so lange und schwere Reise um ihr gehabtes Vermögen gekommen, 2) viele von denselben elendiglich gestorben und ins Wasser geworfen worden, und 3) wegen großer Armut die meisten Familien erst noch im Lande drinnen, Alte und Junge, getrennt und weit voneinander verkauft worden.

(...)

In Pennsylvanien oder anderen englischen Kolonien werden den Neuländern, welche herausreisen, öfters viele Briefe mitgegeben. Wenn sie damit nach Holland kommen, so lassen sie diese Briefschaften aufbrechen oder brechen sie selbst auf; und so jemand lamentabel und die Wahrheit geschrieben, so wird ein solcher Brief entweder fälschlich decopiert (abgeschrieben) oder gar hinweggeworfen."

 

In dieser frühen schwierigen Zeit erreicht am 28. September! 1753 Gerdt Hurrelmann auf dem Segelschiff „Good Hope“ den Hafen von Philadelphia. Er kommt von Hamburg und hat mit Zwischenstopp in Coves (Isle of Whight, England) in 22 Tagen mit insgesamt 52 Passagieren den Atlantik überquert. Zu dieser Zeit war der von William Penn unter der Herrschaft des Königs von England Georg II. das freieste Land aller damals existierenden Staaten.

Viele seiner Schicksalsgefährten sind krank und am Ende ihrer Kräfte. Sie hatten sich wochenlang von schrecklich versalzenem Fleisch, Erbsen, Gersteplatzchen, und Tintenfisch ernähren müssen. Zu trinken gab es nur stinkendes Wasser, in dem auch das Essen gekocht wurde. Im Reisebericht des Gottfried Mittelberger, der 1750 Philadelphia erreichte, hört sich das so an:

"Das Wasser, welches angeboten wird, ist oft sehr schwarz, dick und voller Würmer. Zum Ende der Reise waren wir gezwungen, den Schiffszwieback zu essen, der als Abfall herumlag und in dem sich kleine rote Würmer eingefressen hatten und die voller Spinnennester waren."

Als die ,,Good Hope" am 28. September in Philadelphia anlegt darf zunächst niemand von Bord. Zuerst werden alle Passagiere auf Krankheiten - insbesondere ansteckende Krankheiten- untersucht. Die Gesunden, zu denen auch Gerdt gehört werden daraufhin zum „State House“ gebracht. Dort schworen sie den Eid auf Georg II. von England unter seinem Wappen. In einem kurzen Protokoll wird dieses fest gehalten und die Vereidigten müssen eigenhändig unterschreiben. Danach kehren alle wieder auf das Schiff zurück, bis endgültig verkündet war, dass das Schiff angekommen ist und Arbeit für die Ankömmlinge zur Verfügung steht.

 

Wenn die Schiffe bei Philadelphia nach der so langen Seefahrt angelandet sind, so wird niemand herausgelassen, als welche ihre Seefrachten bezahlen oder gute Bürgen stellen können; die anderen müssen noch so lange im Schiffe liegen bleiben, bis sie gekauft und durch ihre Käufer vom Schiff losgemacht werden.

 

(...)

Der Menschen-Handel auf dem Schiff geschiehet also: Alle Tage kommen Engländer, Holländer und hochdeutsche Leute aus der Stadt Philadelphia und ansonsten allerorten und gehen auf das neu angekommene Schiff, welches Menschen aus Europa gebracht und feil hat, und suchen sich unter den gesunden Personen die zu ihren Geschäften anständigen (geeigneten) heraus und handeln mit denselben, wie lange sie für ihre auf sich habende See-Fracht, welche sie gemeiniglich noch ganz schuldig sind, dienen wollen. Wenn man nun des Handels eins geworden, so geschieht es, daß erwachsene Personen für diese Summe nach Beschaffenheit ihrer Stärke und Alter 3, 4, 5 bis 6 Jahre zu dienen sich schriftlich verbinden. Die ganz jungen Leute aber, von 10 bis 15 Jahren, müssen servieren (dienen), bis sie 21 Jahre alt sind.

Viele Eltern müssen ihre Kinder selbst verhandeln und verkaufen wie das Vieh, damit nur die Eltern, wenn die Kinder ihre Frachten auf sich nehmen, vom Schiff frei und los werden. Da nun die Eltern oft nicht wissen, zu was für Leuten oder wohin ihre Kinder kommen, so geschieht es oft, daß nach dem Abscheiden vom Schiff manche Eltern und Kinder viele Jahre oder gar lebenslang einander nicht mehr zu sehen bekommen.

Interessierte Bürger der Stadt kommen an Bord und suchen sich Arbeitskräfte aus. Danach wird das Schiff oder der Agent bezahlt und beide Parteien gehen zur Einwanderungsbehörde, wo der Immigrant eine begrenzte Arbeitserlaubnis erhalt.